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Vorsicht bei Homeoffice & Mobile-Working-Vereinbarungen

Beitrag von Dr.in Jana Eichmeyer, LL.M. und Mag.a Franziska Egger


Aufgrund des stetig wachsenden Personalmangels werden Arbeitgeber:innen („AG“) zukünftig attraktive Arbeitsortflexibilisierungsmodelle schaffen und anbieten müssen, um qualifiziertes Personal anzuwerben und langfristig an ihr Unternehmen zu binden. Nach dem Motto „work from anywhere“ werben Unternehmen ua damit, dass für eine bestimmte Dauer sogar im Ausland gearbeitet oder der Wohnsitz innerhalb von Österreich gewechselt werden darf. Die praktische Umsetzung ist aufgrund bestehender rechtlicher Regelungen nicht immer leicht und mitunter (noch) unmöglich.

1. Abgrenzung Homeoffice – Mobile Working

Die seit April 2021 bestehenden gesetzlichen Sonderbestimmungen (wie die Pflicht zur Bereitstellung von „erforderlichen digitalen Arbeitsmitteln“ und Kostenübernahmen) sind nur im Homeoffice zwingend anzuwenden; bei Mobile Working gelten sie nicht.
Unter Homeoffice wird die regelmäßige Erbringung der Arbeitsleistung in der Wohnung des Arbeitnehmers bzw der Arbeitnehmerin („AN“) verstanden; auch ein Zweitwohnsitz oder eine Wohnung eines nahen Angehörigen werden darunter subsumiert.
Hingegen definiert das Gesetz „Mobile Working“ nicht. Die Definition wird meist aus einem Umkehrschluss abgeleitet: Wird die Arbeitsleistung nicht regelmäßig von zu Hause erbracht und/oder arbeitet jemand an anderen Orten als dem Betrieb oder der Wohnung (zB Coworking-Space, Hotel während einer Reise), handelt es sich um Mobile Working.


2.    Möglichkeit, im Ausland zu arbeiten

Arbeiten AN (zumindest teilweise) vom Ausland aus, stellt sich insb die Frage des anwendbaren Arbeits-, Sozialversicherungs- und Steuerrechts.
Aufgrund der freien Rechtswahl können AN und AG das anwendbare Arbeitsrecht grds frei wählen. Unabhängig von der getroffenen Rechtswahl sind sog „Eingriffsnormen“ (daher zwingende staatliche Lenkungsvorschriften zum Schutz der AN wie zB das Arbeitszeitgesetz) sowie für AN günstigere Bestimmungen, die ihm:ihr aufgrund des gesetzlich anzuwendenden Rechts zwingend zustehen, anzuwenden. Ohne Rechtswahl ist idR an dem gewöhnlichen Arbeitsort anzuknüpfen. Im Homeoffice ist dies jener Ort, an dem die tatsächliche Dateneingabe erfolgt.
Außerdem kann die Tätigkeit im Ausland zur Anwendbarkeit eines anderen Sozialversicherungsrechts führen. Die innerhalb der EU geltende Verordnung zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit (EG 883/2004) stellt grds auf den Ort der Ausübung der Erwerbstätigkeit ab. Eine Rechtswahl ist hier nicht möglich.
Aus steuerrechtlicher Sicht sind allenfalls anwendbare Doppelbesteuerungsabkommen sowie die Gefahr der (Be-)Gründung einer ausländischen Betriebsstätte (inkl beschränkter Steuerpflicht) zu prüfen. Zudem sollten AG prüfen, ob für die Auslandstätigkeit der AN Bewilligungen notwendig (zB Gewerbeberechtigungen, Beschäftigungsbewilligungen) oder Meldepflichten zu beachten sind.


3. Änderung des Wohnsitzes innerhalb von Österreich

Wechseln AN den Wohnsitz „nur“ innerhalb von Österreich, kommt es idR nicht zu einem Wechsel des anwendbaren Rechts. Ist nach dem Umzug der reguläre Dienstort zu weit entfernt, könnten sich aber Probleme iZm der Anreise ins Büro ergeben (Reisezeiten, Spesen etc).


4. Fazit

Um negative rechtliche Konsequenzen iZm Arbeitsortflexibilisierungsmodellen zu vermeiden, sollten AG allfällige rechtliche Fallstricke bereits im Rahmen der Ausarbeitung mitbedenken und diese vorab von Expert:innen prüfen lassen.


23. Mai 2022



Dr.in Jana Eichmeyer, LL.M. 

ist Partnerin bei E+H Rechtsanwälte GmbH und Leiterin der Praxisgruppen Arbeitsrecht und Prozessführung. Sie berät und vertritt die Mandanten in streitigen Verfahren, bei Führung von Vergleichsgesprächen sowie im gesamten Arbeits- und Sozialversicherungsrecht, insbesondere bei Restrukturierungsmaßnahmen, Individualarbeitsverträgen von Führungskräften, bei Fragen der Betriebsverfassung sowie allen Themen der arbeits- und zivilrechtlichen Prozessführung. Einen weiteren Schwerpunkt ihrer Tätigkeit bildet die arbeitsrechtliche Betreuung und Begleitung von Mandanten im Rahmen von due diligence-Prüfungen und des Betriebsüberganges.


Mag.a Franziska Egger 

ist Rechtsanwaltsanwärterin bei der E+H Rechtsanwälte GmbH und Mitglied der Praxisgruppen Arbeitsrecht und Prozessführung. Der Schwerpunkt ihrer Tätigkeit liegt in sämtlichen Fragen des Individual- und Kollektivarbeitsrechts.


Jana Eichmeyer

© E&H

 

Franziska Egger

© E&H

 

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